Die Upanishaden – Quelle der Erkenntnis
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03.04.2018 11:00
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Kategorie: Angewandte Philosophie, Ausbildung
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Die Upanishaden - Quelle der Erkenntnis

Am Wochenende, vom 27. bis 28. Februar 2018, war Eberhard Bärr bei uns zu Gast, um über die Weisheit der Upanishaden zu sprechen, Fragen zu beantworten und einen tieferen Einblick in die Erkenntnisse der heiligen Schriften zu ermöglichen.

Was sind eigentlich die Upanishaden?

Die Upanishaden sind Teile der indischen Heiligen Schriften, die Veda genannt werden und bilden dort den letzten und philosophischen Teil. Die ältesten der 108 Upanishaden wurden etwa 800 v. Chr. verfasst. Sie beschäftigen sich mit der Essenz der vier Veden und bilden so die Grundlage des Vedanta. Upanishad, (Sanskrit उपनिषद् upa-ni-ṣad) kommt von den beiden Wörtern Upa und Nishad – Upa heißt „in der Nähe, nahe bei“ und Nishad „sitzen, sich niederlassen“. So bedeutet Upanishad „in der Nähe sitzen“, das heißt man kann die Weisheit der Upanishaden dann verstehen, wenn man in der Nähe eines Lehrers sitzt – deshalb werden die Upanishaden auch als Geheimlehre bezeichnet.

Die Veda und damit auch die Upanishaden gehören zu den Shruti (Sanskrit, श्रुति, śruti, wörtl.: „das Gehörte“), das durch „das gehörte Offenbarte“. Es sind die Offenbarungstexte, zu denen die Samhitas, Brahmanas, Aranyakas und letztlich eben die Upanishaden zählen.

In der ältesten der vielen Upanishaden, der Brihadaranyaka Upanishad (1.3.28) aus dem 8. Jahrhundert v.Chr. steht das bekannte „Asato Ma“- Mantra, eines der wichtigsten und bekanntesten der vielen Mantras im Yoga. Dieses Mantra stammt aus der Frühzeit des Hinduismus, dem Ende der vedischen Periode. Die Verse des Asato Ma Sat Gamaya erklären die Grundlagen des Yoga und Advaita Vedanta. Sie sprechen den Wunsch aus, zur Befreiung zu kommen.

[oṃ] asato mā sad gamaya |
tamaso mā jyotir gamaya |
mṛtyor māmṛtaṃ gamayeti |

 „Führe uns vom Unwirklichen zur Wahrheit,
von der Dunkelheit zum Licht,
von der Sterblichkeit zum ewigen Leben.“

In den Upanishaden geht es um Erkenntnis und Erleuchtung, darum wie man im spirituellen Sinne Freiheit erreichen kann. Sie befassen sich hauptsächlich mit Atman und Brahman sowie Metaphysik und sind meist in Dialogform verfasst. Sie bilden den Kern des Hinduismus und das Fundament der indischen Philosophie.

Avidya ist dabei die „Unwissensheit über mich selbst“, die zwischen mir und meinem Glück steht. Die Upanishaden können wir als Mittel nutzen, um Unwissenheit zu beseitigen, um durch Aparavidya zu „verstehen, etwas zu wecken“, was bereits da ist. So machen wir uns erreichbar für Vidya, das „Wissen über uns selbst“, um ein einfaches und friedliches Dasein zu erfahren und um offener und präsenter im atha „jetzt“ zu sein. Wir können unser System natürlich runterfahren und den Raum der Bewusstheit wahrnehmen.

Eberhard Bärr lebte 15 Jahre in Indien und wurde dort zum Yogalehrer im Vivekananda-Institut in Bangalore ausgebildet. Er lebte 10 Jahre mit seinem Lehrer Sukumar in Südindien und hielt dort und in Europa mit ihm zusammen Seminare. Während der langen gemeinsamen Zeit mit Sukumar und durch die Unterweisung anderer indischer Lehrer vertiefte er sein Wissen in die indische Vedanta-Lehre. Er leitete viele Jahre spirituelle Reisen in Indien und Nepal und gibt regelmäßig Seminare in Deutschland, Österreich und in der Schweiz und ist als  Referent in vielen Yogalehrer-Ausbildungen tätig.

Tourist des eigenen Lebens

Eberhard kreiert während des Vortrags ein inneres Bild, sich selbst als Tourist im eigenen Leben wahrzunehmen. So erhalten wir einen Einreiseschein in Form einer Geburtsurkunde und erkunden ein uns unbekanntes Land, in dem uns nichts gehört. Wir erfahren Leichtigkeit und können friedlich im Moment verweilen. Mit Vairagya der „Losgelöstheit“ als Ziel, benutzen wir die Welt nicht mehr, sondern erschaffen aus uns heraus. Koexistenzen werden einfacher, wir gehen leidloser durch schwierige Situationen und können ein friedliches Leben führen, in das wir mit Nichts kommen und das wir auch wieder mit Nichts verlassen.

Da wir Menschen nach Glück streben liegt es in unser aller Interesse, so schildert er, möglichst immer zum Angenehmen zu kommen, also eine temporäre Befreiung und Erlösung zu erfahren. Der Anflug von Einfachheit scheint unser größter Feind zu sein. Auch kennen wir die Situationen, in denen wir nach Mehr, etwas Neuem oder Besserem streben und uns dabei erwischen wie wir mit einer Hand in der Vergangenheit nach Erfahrungen graben und mit der anderen Hand in der Zukunft nach Möglichkeiten und Wegen suchen, die wir mühevoll versuchen ins Jetzt hineinzuziehen. Eberhard beschreibt, dass wir versuchen uns dauerhaft zu optimieren und uns damit das Gefühl geben, dass „Jetzt nicht gut genug ist“. Wir wissen; unsere Kindheit ist vorbei und die Zukunft gibt es nicht, doch dauernd suchen und operieren wir in ihr, als wäre der jetzige Moment nicht gut genug, um einfach gelebt zu werden. Unser Geist denkt und erschafft permanent.

Während unserer Suche, einem geistigen Modus, halten wir nach neuen Denkbestätigungen Ausschau, die dazu dienen einer neuen Idee oder einem neuen Ideal hinterher zu hetzen. Dabei stellen wir uns ziemlich klug an und nutzen unseren Intellekt als Instrument für unsere Erlösungssuche. Wir erschaffen uns ein Gedankengebäude, das für uns ziemlich real wird. 

Leben ist Veränderung

Bevor wir beginnen uns mit der Selbsterforschung auseinanderzusetzen, die nicht Analyse oder Manipulation ist, werden wir permanent von der Befindlichkeit unseres Körpers, dem Verhalten unserer Mitmenschen, der Arbeitsplatzsituation und vielen weiteren Faktoren beeinflusst. Wir werden abhängig von der Kraft des eigenen Gefühlslebens, die schnell die Überhand unseres Lebens gewinnen kann. „Das Subjekt erfährt sich und die Welt auf bestimmte Art und Weise, es interpretiert, ist konditioniert und bewegt sich im Rahmen seiner Glaubenssätze. Erst wenn es ruhig wird und mit der Analysierung der Umstände aufhört, kann es sich selbst erforschen.“, betont Eberhard.

Wir denken stetig und zu jeder Zeit. Mit fast 60.000 gedachten Gedanken pro Tag könnten wir meinen süchtig zu sein, süchtig nach Gedankenfutter. Das Denken färbt und interpretiert die Gefühlswelt durch Emotionen und einen persönlichen Filter durch den wir die Welt betrachten und uns in ihr bewegen. Meisterhaft sind wir darin von einer guten Stimmung blitzartig in eine schlechte Stimmung zu gelangen – bloß weil uns ein Telefonat mit weniger erfreulichen Nachrichten erreicht hat, wir uns persönlich angegriffen fühlen, weil jemand etwas - von uns negativ bewertetes - gesagt hat, wir uns über das Geschehen in der Welt empören, Angst vor Veränderungen haben, usw.

Dabei wohnen uns große Freiheiten inne, die wir nur ergreifen brauchen. Wir haben zum Beispiel die große Freiheit uns nicht aufzuregen. Jede/r kennt Sätze wie; „wie kannst Du Dich darüber denn nicht aufregen?“ oder „wieso lässt Du ihm/ihr das durchgehen?“ Es scheint als würde unser Reagieren forciert und von außen überprüft werden. Falls wir dies nicht tun werden wir eventuell als unnormal abgestempelt und ertappen uns bei der mündlichen Rechtfertigung vor anderen für unser Verhalten. So kann die Welt, die mit Menschen, Objekten und Situationen gefüllt ist und in der alles kommt und geht, mit uns machen was sie will. Als Subjekt erscheinen wir in ihr völlig instabil und fremdgesteuert.

Selbst Sätze wie „Du machst es dir aber leicht“ sind negativ konnotiert, obwohl sie die Lösung schon beinhalten. In unserer Gesellschaft scheint es als dürfe man es sich nicht leicht machen. Es wird von außen erwartet, dass wir hart arbeiten, Ziele haben, uns dauernd optimieren und das Glück im Außen durch gesellschaftlich geprägt Ideale, wie das „Besitzen“ eines Hauses, eines Ehegatten, mehrerer Kinder, Autos und Berufe suchen.

Eberhard vermittelt, dass Leben Veränderung sei, die Dinge kommen und gehen und immer nur in Abhängigkeit zu etwas anderem existieren. Diese werden als „das Unwirkliche“ beschrieben. „Das Wirkliche“ sei wiederum nicht veränderbar und existiert unabhängig. Je festgefahrener wir in unseren Anschauungen und Prägungen sind, desto schwieriger werden wir mit Veränderungen, die auf jeden Fall passieren werden, umgehen können. Bei der kleinsten Veränderung wird das ganze selbst erbaute Kartenhaus zusammenkrachen und wir werden zutiefst leiden. Wir erschaffen uns ein geistiges Netz aus Verstrickungen, das wir aber auch wieder auflösen können. Das zur Ruhe bringen geistiger Bewegungen durch Yoga und Meditation dient dazu sich selbst erforschen zu können und die Freiheit des Nicht-Reagierens zu erfahren.

The problem is you, the solution is you

Als bewusste Wesen sind wir mit benutzbaren Instrumenten ausgestattet: Dem Körper, den 5 Tätigkeitsorganen, 5 Sinnesorganen, dem Geist und Intellekt.

Wenn wir etwas persönlich nehmen, in Rage oder wütend sind erleben wir die geistige Komponente der Schnelligkeit und Enge. Wir werden geistig schnell und eng. Durch asura „dämonische Kräfte“ geht Klarheit verloren und den Upanishaden nach wird es schlechte Früchte für sich und die Beteiligten geben. Dabei sind die Schnelligkeit und die entstandene Enge hausgemacht und kommt nicht von außen, denn nach „Brahman“ ist die Natur grenzenlos und geöffnet. Brahman ist laut der Upanishaden mit dem Atman, dem innersten Wesen jedes Menschen, jedes Tieres und jeder Pflanze identisch. Hieruf beruht die bedeutsamste Aussage der Upanishade, nämlich das Tat-twam-asi. Tat heißt „das“. Twam heißt „du“. Asi heißt „du bist“. Tat Twam Asi bedeutet also: „Das bist du“. Das soll ausdrücken: Das Unendlich, das Ewige, das Absolute, das bist du. Dieser Satz bedeutet, dass das Selbst in seinem eigentlichen (ursprünglichen) Zustand ganz oder teilweise identifizierbar ist mit der höchsten (ultimativen) Wirklichkeit, die der Ursprung aller Erscheinungen ist.

Weltliche Personen akzeptieren die Identifikationen mit ihren Rollen, beispielsweise in der Arbeitswelt oder in ihren Familien. Eines Tages glaubt der gewöhnliche Mensch, dass er das ist, was er durch seine Art zu leben an persönlichem Charakter entwickelt hat. Wenn der gewöhnliche Mensch seine wahre Natur vergisst, dann unterliegt er all den relativen Identitäten und hält an ihnen fest. "Tat Twam Asi" lässt den Weltlichen erkennen, dass die relativen Identitäten nicht das sind, was sie eigentlich präsentieren. Das bedeutet nicht, dass die Leute aufhören, ihren weltlichen Pflichten nachzugehen oder anderen Menschen zu dienen. Es ist eher so, dass die Menschen durch die Verwirklichung freier werden und sich nicht mehr so stark mit ihren Rollen identifizieren. Die Fähigkeit wird größer, anderen liebend zu dienen, unabhängig von der Anhaftung an innewohnenden falschen Identifikationen.

Weg vom Denken hin zum Spüren 

Die treibende Kraft für geistige Unruhe ist vor allem die Angst. Je mehr wir uns im Außen aufgebaut haben, ob emotional oder materiell, desto größer ist die Angst dieses zu verlieren. Die Instrumente werden nach außen gesetzt und durch die Geschwindigkeit in der Welt laufen wir schnell heiß. Wir können uns allerdings darin üben unsere eingesetzten Instrumente von außen nach innen zu richten. Durch diese Richtungsänderung erleben wir eine Innenschau und regulieren unsere persönliche Geschwindigkeit. Dazu zählt auch das 5. Glied des Ashtanga Yoga = Pratyahara; das Zurückziehen der Sinne nach Innen. Eberhard betont: „Jedes Problem ist variabel groß. Wenn ich die Achtsamkeit von außen nach innen ziehe erscheinen mir Möglichkeiten, die Lösung werde ich im Draußen nicht finden. Solang eine Innenschau nicht geschieht, befinden wir uns ohnmächtig in der Opferrolle in Bezug auf das äußere Problem.“

Die schnellen Bewegungen kommen dann zur Ruhe, das Wiederkäuen sämtlicher Situationen hört auf und Selbstvergessenheit geschieht, wodurch wir friedlicher und klarer werden. „Wenn ich dann eine Konfliktsituation noch einmal hochziehe, kann ich sehen, entdecken und schließlich erkennen. Durch die geistigen Bewegungen war ich zu beschäftigt, um zur Erkenntnis zu gelangen, die von Leid befreit und friedlich stimmt.“ So kommen wir weg vom Denken und hin zum Spüren.

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